Das verlorene Weihnachtsgeld?
Im Arbeitsrecht begegnen uns immer wieder Fragestellungen, die auf den ersten Blick klar erscheinen, bei genauerer Betrachtung jedoch komplexe rechtliche Hintergründe haben. Ein Beispiel dafür ist die Bezahlung von freiwilligen Sonderleistungen wie dem Weihnachtsgeld. Oft werden solche Zahlungen über Jahre hinweg geleistet, ohne dass sie vertraglich geregelt sind – was bei Änderungen oder Kürzungen zu Streitigkeiten führen kann.
So ist das auch Hans F. in unserem Fall des Monats passiert. Sein Arbeitgeber streicht nach mehreren Jahren die Auszahlung des Weihnachtsgeldes. Hans F. ist enttäuscht. Doch muss er das hinnehmen oder steht ihm das Weihnachtsgeld zu?
Das verlorene Weihnachtsgeld?
Hans F. ist seit einigen Jahren in der Buchhaltung GmbH angestellt. In seinem Arbeitsvertrag ist die Zahlung eines monatlichen Gehalts in Höhe von 3.000,- € brutto vereinbart. Vor einigen Jahren wurde dieses - aufgrund guter Leistungen von Hans F. - auf 3.200,- € brutto erhöht.
Der Buchhaltung GmbH ging es finanziell gut. Besonders in den Jahren 2021 bis 2023 sind die Gewinne stark gestiegen. Denn die Buchhaltung GmbH war in einer Branche tätig, die von der Corona-Pandemie profitiert hat.
Aufgrund der Geschäftsergebnisse wurde jeweils im Dezember ein weiteres Monatsgehalt als Weihnachtsgeld ausgezahlt. Die Arbeitnehmer wurden in der Gehaltsabrechnung des Dezembers mit folgendem Zusatz über die weihnachtliche Auszahlung informiert:
Die Zahlung erfolgt freiwillig aufgrund sehr guter Geschäftsergebnisse und ist jederzeit widerruflich
Wie von der Unternehmensleitung erwartet, sind im Jahr 2024 die Gewinne der GmbH stark gesunken. Die Firmenleitung hat daher entschieden, in der Dezember-Abrechnung neben dem regulären Gehalt keine weitergehende Zahlung in Form eines Weihnachtsgeldes mehr zu zahlen.
Hans F. ist enttäuscht. Er hat auch dieses Jahr fest mit dem Weihnachtsgeld gerechnet und daher schon einige Weihnachtsgeschenke ins Auge gefasst.
Kann die Buchhaltung GmbH die Zahlung einfach stoppen?
Er nimmt die telefonischen Erstberatung seiner Rechtsschutzversicherung in Anspruch und fragt, wie es sich in seinem Fall mit der „freiwilligen“ Zahlung des Weihnachtsgeldes verhält.
Die Juristin am Telefon erklärt ihm, dass durch die regelmäßige Zahlung des 13. Monatsgehalts im Dezember eine sogenannte betriebliche Übung entstanden ist. Hans F. hat einen Anspruch auf das Weihnachtsgeld erworben. Das gilt auch, obwohl dies nicht im ursprünglichen Arbeitsvertrag vorgesehen war. Außerdem ist die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam. Das kann also auch der von der Buchhaltung GmbH verwendete Zusatz nicht verändern.
Hans F. soll seinen Anspruch auf das Weihnachtsgeld bei der Buchhaltung GmbH geltend machen. Die Juristin gibt ihm dafür Formulierungstipps.
Und tatsächlich: Die Buchhaltung GmbH lässt dies zwar prüfen, reagiert aber zügig. Das Weihnachtsgeld wird nachberechnet und der sich ergebende Betrag ausbezahlt.
Hintergrund
Die beschriebene Streitigkeit ist im Berufs-Rechtsschutz über die Leistungsart Arbeits-Rechtsschutz versichert. Der Berufs-Rechtsschutz ist beispielsweise im JURPRIVAT enthalten.
Die Fragestellung konnte in diesem Fall durch eine telefonische Rechtsberatung gelöst werden. In der Situation fällt keine Selbstbeteiligung an und es erfolgt keine Rückstufung bei einem Vertrag mit der fallenden Selbstbeteiligung.
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