Die offene Türe

 

Überfälle im Einzelhandel und Einbrüche mit Diebstahl in Gewerbegebäuden sind keine Seltenheit mehr. Über 1,8 Millionen* Diebstahlsdelikte wurden im Jahr 2019 in Deutschland polizeilich erfasst. Die Folgen eines Einbruch-Diebstahls für das betroffene Unternehmen gehen meist über Sachschäden, Verwüstung und Vandalismus hinaus.

So ergeht es auch der H GmbH in unserem heutigen Fall des Monats. In einer ihrer Lagerhallen wurden teure Waren im Wert von 50.000,- € gestohlen. Doch es sind keine nachweisbaren Spuren sichtbar, die auf einen Einbruch hinweisen. Der Geschäftsführer Andreas H. fragt sich, wie die Diebe in die Lagerhalle gelangen konnten. Wer ist dafür verantwortlich und wird er den Schaden ersetzt bekommen?

Mit unserem heutigen Fall des Monats zeigen wir Ihnen einen Schadenfall zum Vertrags-Rechtsschutz für Hilfsgeschäfte und eingekaufte Dienstleistungen.



Die offene Türe

Die H GmbH hat neben ihren Büroräumen eine große Lagerhalle zur Aufbewahrung ihrer Waren. Ein Schließdienst ist beauftragt, abends alle Türen und Tore zu kontrollieren und abzuschließen. Eines Morgens entdecken die Mitarbeiter der H GmbH verschiedene Lagerbestände verstreut vor einer offenen Tür der Lagerhalle. Drinnen sieht es nicht besser aus. Sofort benachrichtigen die Mitarbeiter ihren Chef Andreas H. Die Mitarbeiter vermuten, dass Diebe am Werk waren. Durch den Diebstahl fehlen der H GmbH Waren im Wert von ca. 50.000,- €.

Die Polizei wird verständigt. Doch nirgends sind entsprechende Spuren eines gewaltsamen Eindringens zu erkennen. Die Polizei kommt zu der Einschätzung, entweder hatten die Täter einen Schlüssel oder die Tür war nicht verschlossen.

Um die rätselhaften Ereignisse zu entschlüsseln, werden Aufzeichnungen der Überwachungskamera gesichtet. Darauf sind zwei vermummte Gestalten im Dunkeln zu sehen, die über den Zaun klettern. Die beiden haben vermutlich Bierdosen in der Hand und treiben ein paar Späßchen. Sie gelangen dann, so wie es aussieht, eher zufällig zu der Tür. Der eine lehnt sich gegen die Tür mit dem Arm auf der Klinke. Nach ein paar weiteren Späßchen hantieren die beiden plötzlich aufgeregt an der Tür und gehen hinein. Danach ist zu sehen, wie sie eifrig einige Gegenstände aus der Lagerhalle holen und damit über den Zaun verschwinden. Es sieht alles danach aus, als sei die Türe zur Lagerhalle nicht verschlossen gewesen.

Der Geschäftsführer Andreas H. ruft erbost bei dem Schließdienst an. Dieser behauptet, es sei gestern alles ordnungsgemäß abgeschlossen worden und man komme sicher nicht für den Schaden auf. Andreas H. solle doch die Diebe ermitteln lassen. Doch laut Polizei werden die Täter vermutlich nicht zu ermitteln sein. Es sind keine Gesichter auf dem Videomaterial erkennbar. Auch sonst sind keine aussagekräftigen Spuren zu finden.

Die H GmbH wendet sich daraufhin an ihre Rechtsschutzversicherung die KS/AUXILIA. Diese empfiehlt einen Anwalt einzuschalten, um die Schadenssumme bei dem Schließdienst einzufordern. Dieser Empfehlung folgt Andreas H. und beauftragt einen Anwalt. Schließlich wurde der Schließdienst extra mit dem ordnungsgemäßen Verschließen der Lagerhallen beauftragt. Dieser weist weiterhin alle Schuld von sich. Der Anwalt der H GmbH muss Klage einreichen. Obwohl die Videobilder mit dem Verhalten der Diebe eine klare Sprache sprechen und ein Polizist eine eindeutige Aussage macht, widerspricht der Schließdienst auch weiterhin. Er ist der Überzeugung, dass die Täter einen Schlüssel gehabt haben müssen.

Das Gericht muss sogar noch einen Gutachter mit der Auswertung des Videomaterials beauftragen. Dieser kommt ebenfalls zu dem Entschluss, dass die Tür offen gewesen sein muss. Der Schließdienst wird zur Zahlung der Schadenssumme von 50.000,- € veruteilt. Zusätzlich muss er die Gerichts-, Rechtsanwalts- und Sachverständigenkosten in Höhe von über 9.000,- € übernehmen.

Hintergrund
Dieser Fall ist über den Vertrags-Rechtsschutz für Hilfsgeschäfte und eingekaufte Dienstleistungen (Klausel 3 ARB/2021) versichert. Dieser Produktbaustein ist in allen Produkten unserer JUR-Linie für Geschäftskunden enthalten. Zum Beispiel im JURAFIRM der Tarifgeneration 2021.

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