Das falsche Modell ...
Nach einem anstrengenden Tag mit regem Betrieb in ihrer Praxis
widmet sich die Kieferorthopädin Dr. Sonja A. noch dem Posteingang:
Ein Brief
des Disziplinarausschusses der kassenzahnärztlichen Vereinigung ist auch dabei.
Sonja A. ahnt bereits, dass es vermutlich erneut um den Vorgang mit dem
minderjährigen Patienten Konrad H. geht. Die Kieferorthopädin dachte
eigentlich, dass die Angelegenheit mit der Mutter und der Krankenkasse bereits
abschließend geklärt sei. Das hatte sie auch der kassenzahnärztlichen
Vereinigung (KZV) bereits mitgeteilt.
Sonja A. liest sich den beiliegenden „Antrag auf Einleitung
eines Disziplinarverfahrens“ durch. Darin wird ihr ein Verstoß gegen die
Dokumentationspflicht und die Auskunftspflicht gegenüber dem Vorstand der KZV
vorgeworfen. Ein Bußgeld von 8.000,- € wird ihr angedroht.
Die KZV führt aus: Der Patient Konrad H. befinde sich seit 6
Jahren wegen einer Fehlstellung der Zähne bei Sonja A. in Behandlung. Bereits
vor 5 Jahren habe Sonja A. auf die Notwendigkeit der Extraktion der
Weisheitszahnwurzeln hingewiesen, da ansonsten die anderen Zähne wieder
verschoben werden. Die Mutter des Patienten vertraute aber der falschen
Einschätzung durch den Zahnarzt, so dass es dann zu einer weiteren
Zahnverschiebung und notwendigen Behandlung gekommen ist.
Der erste Befund soll von Sonja A. aber nicht ordnungsgemäß in
den Unterlagen dokumentiert worden sein. Dieser sei vielmehr nachträglich und
ohne Datumsangabe eingefügt worden. Die KZV moniert außerdem, Sonja A. habe zur
damaligen Anhörung nicht das Originalmodell des Kiefers mitgebracht, sondern
ein Duplikat. Die Ausgangsbissstellung konnte daher nicht mehr zweifelsfrei
rekonstruiert werden. Sonja A. habe somit sowohl gegen ihre Dokumentations- als
auch ihre Auskunftspflichten verstoßen.
Sonja A. ärgert sich darüber. Die Annahmen der KZV entsprechen
nicht der Wahrheit. Sie nimmt Kontakt mit ihrer Rechtsschutzversicherung auf und lässt sich Tipps für die weitere mögliche Vorgehensweise
geben. Anschließend beauftragt sie einen im Medizinrecht spezialisierten
Anwalt. Dieser formuliert den Sachverhalt aus Sonja A.s Sicht:
Der Eintrag zum Befund der Weisheitszähne sei nicht nachträglich
eingefügt worden. Hierzu könne gerne die Arzthelferin Selina V. als Zeugin
gehört werden. Diese hatte versehentlich das Datum vergessen, den Befund aber
ansonsten ordnungsgemäß dokumentiert. Weiterhin seien die Modelle nur
verwechselt worden. Die Originalmodelle hatte Frau Dr. Sonja A. an den
medizinischen Dienst geschickt, dies aber vergessen und daher wurden versehentlich
Duplikate vor der Anhörung vorgelegt.
Der Disziplinarausschuss lässt sich davon nur teilweise
überzeugen. Die Zeugenaussage der Arzthelferin ist glaubwürdig. Von einer
schlichten Verwechslung der Original- und Duplikatmodelle ist man jedoch nicht
überzeugt. Die vorgelegten Duplikate weisen einen anderen Biss auf, als die der
dokumentiert wurde. Daher wird vom Ausschuss nur eine verringerte Geldbuße von
2.000,- € festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhebt der Rechtsanwalt von Sonja A.
Klage. Leider bleiben jedoch die Originale unauffindbar. Der Anwalt rät Sonja
A. aus diesem Grund zur Rücknahme der Klage. Für den Rechtsstreit sind
insgesamt Kosten von ca. 4.500,- € angefallen. Diese wurden von der KS/AUXILIA
für Frau Dr. A. übernommen.
Dieser Fall ist über die Leistungsart Disziplinar- und Standes-Rechtsschutz in allen Ärzte-Tarifen der KS/AUXILIA enthalten, die den Praxis-Bereich beinhalten.
Gern kontaktieren Sie uns, wenn Sie das Thema interessiert
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